Nicht nur zu viele Berge engen den Horizont ein. Auch zuviel Arbeit in immer den gleichen vier Wänden kann dabei helfen, die breite Perspektive völlig zu verlieren. Das erste, was ich tue, wenn ich ein wenig Zeit finde, ist jede Zeitung, jedes Magazin zu lesen, dass mir in die Hände oder – via Google-News – in den Browser fällt. Und da stelle ich dann schnell fest, dass die Horizont-Verengung nicht nur mich, sondern auch manchen Journalisten erfasst hat. Beispiel gefällig?
Ich lese für mein Leben gern Interviews – und zwar ganz gleich zu welchem Thema. Mich fasziniert dabei oft weniger der Inhalt, als die Art und Weise, wie durch oft sanfte, oft scharfe Fragen der Gesprächspartner geführt, gelenkt oder gedrängt wird. Ein gutes Interview ist für mich wie eine gelungene Tanzvorführung: rhythmisch, ausgewogen, aber nicht immer zwingend im Gleichklang.
Umso schmerzlicher trifft es mich, wenn eine Wochenzeitung wie die Furche in ihrer Ausgabe vom 2. Jänner 2009 gleich zweimal daneben greift. Sie lädt zwei interessante Personen zum Interview – Martin Heller, Intendant von Linz 09, und Jan Koukal, tschechischer Botschafter in Wien – und lässt die Chance, die diese beiden Gespräche bieten, ungenutzt vorüberziehen.
Entschuldigend merkt die Zeitung beim Interview mit Jan Koukal gleich zu Beginn an, dass das Interview per E-Mail geführt wurde, was die ausweichenden und nichts sagenden Antworten des tschechischen Botschafters in weiten Zügen erklärt. Der einzige Vorwurf, den sich die Furche Fall gefallen lassen muss, ist das Interview trotzdem abgedruckt zu haben.
Anders verhält es sich beim Gespräch mit Martin Heller: Anstatt dem Intendanten kräftig auf den Zahn zu fühlen, fallen die Fragen streichelweich aus. Übrig bleibt das Bild des souveränen Teflon-Kulturprofis, der sich von solchen Kleinigkeiten wie einer verärgerten freien Kunst- und Kulturszene sicher nicht den Schlaf rauben lässt.
Wo mag der Grund für diesen doppelten Fehlgriff liegen? Vielleicht waren die Mauern der Redaktionsstube doch ein wenig zu eng? Vielleicht braucht es wieder mehr Mut, um aus dem Fenster zu sehen, die Perspektive zu erweitern, Fragen mit mehr Schärfe zu stellen und um die Antworten darauf auch einzufordern.