Ich bin ein Samstagsstandard-Titelseitenfan

Ich hab da ein kleines Laster: Jeden Samstag zerschneide ich die Titelseite des Standard. Wegen der wöchentlichen Mercedes-Werbung. Ich sag auch ehrlich: ich hab keinen Mercedes (weil ich mir keinen leisten kann) und will auch keinen (weil ich mein Geld lieber für andere Dinge ausgebe). Aber diese Anzeigen machen einfach Spaß. Schön, wenn eine große Marke jede Woche soviel Mut beweist.

Der lange Weg aus dem Zaubertal

Der Zaubertal-Blog ist nicht mehr. Musste ich heute erfahren. Was schade ist, weil es kaum was schöneres gibt, als einen kreativen Kopf, der über seine Sicht der Dinge spricht. Ganz besonders schade: dass die Recherche über die zertifizierten Werbeagenturen in der Standesvertretung damit aus dem Netz verschwunden ist. Wer Zaubertal trotzdem besuchen möchte: www.zaubertal.at

Die Neudefinition von Rechts

Am 28. September ist in Österreich etwas Interessantes passiert: Die beiden Rechtsparteien FPÖ und BZÖ sind miteinander nur ganz knapp daran vorbeigeschrammt, stärkste politische Kraft in Österreich zu werden. Das Nachrichtenmagazin “profil” titelt in seiner Ausgabe am darauf folgenden Montag mit “Sieg ….!”

Kommen die Nazis wieder?
Diese Frage geistert mehr oder weniger offen formuliert durch nationale und internationale Medien. Und die Antwort ist pauschal gesprochen: Nein. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Die Wähler von FPÖ und BZÖ sind jene Menschen, die von der bisherigen Regierung und den beteiligten Parteien enttäuscht waren. Sie haben ein Ventil gesucht. Genau die gleichen Menschen hätten in Deutschland die Linke gewählt.

Also alles nicht so schlimm?
Dieses Ergebnis auf die leichte Schulter zu nehmen, ist aber unangebracht. Das war ein Schuss vor den Bug, der das Schiff schon fast versenkt hätte. Die Wähler, die FPÖ und BZÖ ihre Stimme gegeben haben, mögen zwar keine Rechten sein, die Herrn Strache und Haider sind es sehr wohl.

Der Affe und seine Banane

Worauf würdest du am liebsten verzichten? Die Frage hab ich mir gestellt und eine überraschende Antwort gefunden: Mein Mobiltelefon. Das wirft doch irgendwie einige Fragen auf, die ich mir stellen und praktischerweise auch gleich beantworten werde.

Ein Mensch ohne „Handy“ ist doch wie ein Affe ohne Banane?
Stimmt zwar irgendwie, aber wenn ich mir ansehe, wie selbstverliebt die ganzen Affen in ihre Banane reden, dann möchte ich doch lieber nicht zu dieser Urwaldtruppe gehören.

Aber dann kann dich niemand mehr erreichen?
Richtig. Eigentlich kein Argument für, sondern gegen ein Mobiltelefon. Ich will überhaupt nicht immer und überall und für jeden erreichbar sein, dem ich in einem Anfall geistiger Umnachtung meine Nummer gegeben habe.

Wie willst du dich dann mit Freunden treffen?
Einfach so wie früher: Anrufen, ausmachen, dort sein. Nur eben nicht mit einem mobilen Telefon, sondern mit einem ganz ordinären Festnetzanschluss. Die älteren Leser können mir vielleicht bestätigen, dass das tatsächlich funktioniert. 

Findest du Handys nicht cool?
Manche Telefone finde ich tatsächlich ganz schnittig. Aber wenn ich mir die letzten Zeilen noch einmal lese, dann überwiegen für den Verzicht eindeutig die Vorteile. Und ganz ehrlich: Richtig gut gefallen mir die alten Wählscheibentelefone. Passt ganz gut, weil Retro ja ohnedies wieder im Kommen ist.

Leider wird mein Wunsch kaum Wirklichkeit werden. Denn auf ein Mobiltelefon zu verzichten, muss man sich erst einmal leisten können. Was soll’s, jeder braucht Ziele. Auch wenn sie hoch gesteckt sind.

Der Kunde ist König

Eine Redewendung, geboren aus dem Bedürfnis, dem Kunden alles recht zu machen, um ihn so bei der Stange zu halten. Denn einen neuen Kunden zu gewinnen ist ungleich aufwändiger, als einen bestehenden bei Laune zu halten.

Und nicht nur die Unternehmer haben diese Weisheit verinnerlicht. Auch viele Kunden treten auf wie Ihre Majestät persönlich. Nur eines unterscheidet sie leider oft von einem Monarchen. Ein König sollte wissen, was er will.

So schreibt man Werbung?

Was ist eigentlich gute Werbung? Das einprägsame Bild mit dem zwei fett gedruckten Wörtern, die unmittelbar unter die Haut gehen? Oder der vierseitige Brief, der mir klipp und klar sagt was ich warum für wieviel Geld kaufen soll?

Lange Texte werden nicht gelesen, heißt es dazu aus der Werbebranche. Je teurer das Produkt, desto länger muss der Text sein, sagen die Texter. Ich könnte mich jetzt mit dem kulturell tief verwurzelten „die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen“ begnügen. Tu ich aber nicht. Ich will wissen: Wer hat recht?

Warum also kurz schreiben? Wenn ich an Plakate denke, ist die Antwort einfach: Ein Autofahrer, der mit 100 km/h über die Landstraße brettert, hat andere Dinge im Kopf, als Werbung zu lesen. Aber was ist mit Inseraten in Tageszeitungen? Hier zieht das Geschwindigkeitsargument nicht. Aber vielleicht die Informationsflut. Schließlich ist mein Inserat ja nicht das einzige in der Zeitung. Und Artikel gibt es auch noch. Ein kurzer, auffälliger Text hat in diesem Umfeld gute Chancen, einfach mitgenommen zu werden. Ganz besonders, wenn er auch noch mit einem ausdrucksstarken Bild verbunden ist.

Und hier stellt sich jetzt die entscheidende Frage: Ist dieser kurze Text die gesamte Botschaft? Oder soll er nur den Zweck erfüllen, den Leser dazu zu bringen, den Rest zu lesen? Ist das jetzt eine Frage der Philosophie und des Glaubens oder eine Frage an die Werbewirkungsforschung?

Was spricht für einen langen Text? Ein Argument finde ich besonders nachvollziehbar: Je teurer das Produkt, umso länger muss der Text sein, der es verkaufen soll. Schließlich will ich ja einen Menschen dazu bringen, sich von seinem hart verdienten Geld zu trennen. Warum er es ausgerechnet für mein Produkt ausgeben soll. Der Doyen der Werbebranche, David Ogilvy, meint dazu lapidar: Es kommt nicht darauf an, wie du etwas sagst, sondern was du sagst. Fast möchte ich ihm recht geben. Aber eben nur fast.

Wenn ich eine gute Werbung lese, fühle ich mich gefoppt, wenn da nur eine Headline steht und ich nicht weiterlesen kann, obwohl ich sogar möchte. Aber ich lese auch nicht den größten Schrott. Dann fasse ich mal für mich zusammen: Fühl mich gefoppt, wenn einer guten Headline die Copy fehlt, lese aber nicht weiter, wenn der Text schlecht ist… Und irgendwie lande ich jetzt doch in der Mitte. Dort wollte ich am Anfang eigentlich gar nicht hin. Liegt die Lösung vielleicht wirklich in der knackigen Headline und der kurzen und kurzweiligen Copy? Möglich. Aber dem Thema werde ich noch ein paar Beiträge widmen. Ganz sicher.

Corporate Language? Brauch ich reins gar nicht.

Es gibt Short-Copy. Es gibt Long-Copy. Und seit gestern weiß ich, dass es auch Very-Long-Copy gibt. Definieren wir Copy: Werbetext, guter alter Werbetext, der in einer Broschüre steht oder auf einem Inserat. Sein Job: verkaufen.

Und weil ich gern schreibe und weil ich wissen will, was hinter dem Schreiben alles steckt, les ich gern und vor allem viele Bücher. So auch eines mit dem Titel „Corporate Language“ von Armin Reins. Ob ich diesen Begriff hier so freiherzig schreiben darf, weiß ich gar nicht. Denn, um es mit den Worten von Steve Jobs zu sagen: …Boy, have they patented it.

Mir geht es aber nicht um den Titel des Buchs. Auch nicht um das Konzept, das dahinter steckt und wirklich gut sein mag. Mir geht es um, naja, lesen wir einfach einmal weiter.

Wenn ich ein Sach- oder Fachbuch kaufe, dann kaufe ich mir Information. Ich will etwas lernen, danach schlauer sein als davor. Obwohl, in gewisser Weise bin ich das ja, wenn auch anders, als ich mir das vorgestellt habe. Aber kommen wir zum Punkt.

Die ersten Seiten des Buchs lesen sich spannend, fast aufregend. Sie machen wirklich Lust auf mehr. Und wenn die Spannung ihren Zenit erreicht, überkommt dich als Leser ein erregtes Zittern: noch nicht einmal die Hälfte gelesen und jetzt schon so gut. Wie die Karotte, die vor dem Esel hängt, führen dich Andeutungen, kleine Leckerbissen und wissenschaftliche Erkenntnisse immer tiefer in die Lektüre. Und endlich kommt…nichts. Genau. Nichts.

Keine Auflösung, keine Erklärung wie das Wunderding funktioniert. Wie eine Betriebsanleitung bei der die letzten 10 Seiten fehlen. Zuerst habe ich mich geärgert und zwar richtig. Dann ist mein Ärger einer Resignation gewichen, die dann in Bewunderung umgeschlagen ist. Herr Reins, ich bewundere sie wirklich. Sie haben es geschafft, eine mehrere hundert Seiten starke Werbung für ihr Unternehmen zu schreiben und verdienen selbst mit dieser Werbebroschüre noch Geld.

Meine Damen, meine Herren. Hier ist einer, der uns allen zeigt wie’s geht. Wobei: auf mich wird der Autor in Zukunft als Leser verzichten müssen. Meine Dosis Werbung hole ich mir günstiger an anderer Stelle.